Im dichten Schneetreiben von Michigan wuseln Leute mit Rucksäcken voller Problemen umher...

Unter ihnen, Eric Bana ( Troja, München ) und Dr. House´ Assistentin Olivia Wilde ( Wie ausgewechselt ) die gleich zu Beginn die Weichen legen auf dem der Cold Blood Zug entlang rast. Ohne im weiteren Verlauf des Films weiter darauf Bezug zu nehmen führt Stefan Ruzowitzky (Die Fälscher) die ersten drei Figuren seiner vielen Charaktere ein, Person um Person. Ein geglückter Coup dient dabei als kalter Einstieg ins Geschehen. Bana und Wilde werden genau wie eine dritte Person in der ersten Einstellung auf der Fahrt von diesem Coup eingeführt. Leider schlägt dann gewaltig und brutal das Schicksal zu, der Wagen überschlagt sich mit anschließender Todesfolge für den Fahrer. Bana und Wilde, das Geschwisterpaar überleben den Crash. Der Start einer verschachtelten Geschichte, denn als ein Streifenwagen des Weges fährt wird das zuvor nur grob umrissene Gesicht des Bana genauer beschrieben. Ein Schuss - Polizist tot. Weitere Leichen werden folgen.


Schnitt- weitere Figuren werden nach und nach eingeführt. Der frisch aus dem Knast entlassene Jay (Charlie Hunnam) erschlägt ohne es zu wollen seinen ehemaligen Manager im Streit, den er zur Rede stellen will und ist von nun an ebenfalls, wie das Geschwisterpaar auf der Flucht vor dem Gesetz. Wieder ein Schnitt - der legendäre Convoy Fahrer rückt ins Bild, Kris Kristoffersen, mit samt Ehefrau Sissy Spacek, die zu den ständig in Bewegung gezeigten restlichen Protagonisten den Ruhepol bilden. Um dem Film folgen zu können ist es wichtig jede Figur zu nennen, denn am Ende fügt sich ein Puzzle Teil ins andere und der Kreis schließt sich. Etwas umständlich an der ein oder anderen Stelle aber niemals langweilig erzählt. Kein Film, den man im Vorbeigehen ansehen sollte, Aufmerksamkeit ist hierbei stark von Nöten.

Im Laufe des Filmes wird dem Zuschauer schnell klar, dass jeder der vorkommenden Figuren einen Knax weghat oder einen Rucksack mit schweren Problemen mit sich trägt. Keine Person ist frei von Schuld. Besonders auffällig erscheint hier der ständig wiederkehrende Vater Komplex, jeder der Väter im Film hat entweder was gut zu machen oder ist ein absoluter frauenfeindlicher Mistkerl. Oberflächlich betrachtet kann man dem Film vorwerfen hier nur Frauen zu zeigen die entweder dem Mann hörig sind oder Frauchen am Herd ohne eigenen Willen sind und/oder nicht den Mut haben auf den Tisch zu hauen. Geht man tiefer in die amerikanische Materie erkennt man aber die Kritik am amerikanischen ländlichen Mann und Frauen Verständnis.

Eric Bana zelebriert geradezu einen von inzestuösen Gefühlen getriebenen, diabolischen Mistkerl derart gut das man eigentlich nicht glauben kann wie er nur diese langweilige vor Klischee triefende Hektor Figur in Troja spielen konnte. Oder es liegt vielleicht daran, dass ihm der Mistkerl-Typ besser steht als der vorbildliche Streber Sohn oder Rosenkavalier. So roh wie uns der Regisseur die Natur präsentiert so roh ist Bana auch im Umgang mit Leuten, die ihm im Weg stehen. Ob mit Messer, Pumpgun oder einem Ast jedes Utensil wird in seinen Händen zur tödlichen Waffe. Die Schnee bedeckte Landschaft bekommt so den ein oder anderen Roten Farbklecks verpasst in Teils harten Szenen. Selbst eine Verfolgungsjagd wird dem Zuschauer nicht vorenthalten, die nicht gut für manch Polizisten ausgeht. Dabei wirkt diese Aktion Szene keineswegs fehl am Platz und fügt sich so harmonisch ins Geschehen ein.

Tiefer aber als all die gezeigte Gewalt im Film geht einem die letzte halbe Stunde des Films, wenn alle Stränge zusammenlaufen und im Haus des Ex Polizisten Chris Kristoffersen der Showdown vollzogen wird. Das Wohnzimmer wird zur Therapie Saal umfunktioniert in die unterdrückten Gefühle und das nie Ausgesprochene aus den tiefen der Seele zum Vorschein kommt. Diese Wahrheiten treffen des Zuseher mehr in die Magengrube als jeder abgehackte Finger den Bana im Lauf des Filmes verliert, die Aufarbeitung aller vergrabenen Gefühle gelingt dem gesamten Cast wunderbar, sogar so gut dass man sich selber dabei ertappt darüber nach zu denken, wie viel Wahrheit doch in letzten Akt steckt.

Cold Blood regt mit seinen letzten Minuten zum Nachdenken an, wenn der Film schon lange vorbei ist. Jeder hat schon mal einen Rucksack mit Steinen auf dem Rücken getragen und war froh als dieser endlich leer war durch ein klärendes Gespräch. Viel wichtiger als tausend schöne Worte, die man einem Menschen sagt sind die Worte, die man nie ausspricht oder vielleicht erst dann ausspricht, wenn es zu spät ist und man nie mehr die Gelegenheit dazu bekommt.