Wenn die Faschingszeit beginnt, sich Kinder verkleiden, tragen sie Masken, schlüpfen in gekaufte oder selbst genähte Kostüme um für einige Zeit ihrem Lieblings Charakter nahe zu sein. Sie bemühen Gesten des Bekannten, ahmen bestimmte Eigenheiten nach und versuchen sich schlicht so zu verhalten wie der Charakter, den sie für alle sichtbar nach außen hin verkörpern möchten. Regisseur David Blue Garcia tut das gleiche in Texas Chainsaw Massacre mit seinem Protagonisten. Leatherface trägt Maske, Schürze, Kettensäge. Taumelt so verstörend wie in Tobe Hoopers Klassiker aus dem Jahr 1974 wild umher, verfolgt mal ruhig mal brachial sein Opfer. Die Frage, die sich nun stellt, reicht das? Reicht das um Texas Chainsaw Massacre im Jahr 2022 eine neue Richtung zu geben, dem Charakter eine neue Facette zu verleihen? Reicht das um im Gedächtnis zu bleibe?

Mut zur Lücke

Streaming Riese Netflix beweist wieder einmal mehr das er anstrebt das neue Direct to Video Portal werden zu wollen. Mittlerweile ist „a Netflix original“ als Warnhinweis zu verstehen dessen aufflackern im Vorspann unheilvolles ankündigt. Oder versucht sowie im Fall von TCM diesem Ziel durch die Vielzahl an mittelmäßigen Filmen, die zum streamen bereit stehen näher zu kommen. Wer das Vergnügen hatte jenseits der achtziger geboren zu sein kennt diesen jenen Bereichs schon aus der damaligen Stammvideothek des Vertrauens ( das damalige materielle Netflix ) in dem Filme standen die in den allermeisten Fällen zu schlecht für eine Kinoauswertung waren aber noch zu gut fürs Fernsehen. Netflix ist mit Eigen Produktionen wie Texas Chainsaw Massacre, Red Notice, A fall from Grace und Unmengen anderer Filme, an denen sie die Streaming Rechte besitzen auf dem besten Weg diese Lücke zu schließen, die das Videotheken sterben hinterlassen hat.

Freddy, Jason, Leatherface

Über die Sinnhaftigkeit der in Hollywood vorherrschenden Meinung man müsse auch noch den 10. Teil einer Reihe drehen statt etwas neues zu wagen soll es hier in erster Linie nicht gehen wobei es hier sich ja wieder um den x-ten Teil eines erfolgreiche, zuweilen wegweisenden Horrorfilm aus den 80er geht. Vielmehr soll es darum gehen, dass David Blue Garcia nicht verstanden hat was die Essenz aus Tobe Hoopers Original war. War er im Original noch Mitglied einer degenerierten Mörderbande, vielmehr der Mann fürs Grobe. Ist er 2022 zum x beliebigen Serienmörder verkommen. Hier gibt es weder Hinweise noch andeutungsweise den Versuch des Aufbaus einer Backgroundstory. Das Konstrukt der familiären Situation bietet im Original noch die Plattform einer Nachvollziehbarkeit des Charakters. Hier wird der Zuseher allein gelassen. Die einzige Motivation die hier Leatherface zu haben scheint ist stumpfe Rache. Das Motiv Rache gibt dem Film die Möglichkeit zur Zurschaustellung einiger splattrigen Effekte, welche jedoch nicht darüber hinweg trösten können das eine solide Story mehr Wert ist als ein zermatschter Kopf. Es war ja gerade der Terror im Kopfkino des Zusehers in Hoopers Original, das nicht zeigen, die Kunst des Filmemachers was den Zuschauer terrorisierte. Terror erzeugen zu wollen mit bloßen Splatter und Litern von Kunstblut halt nicht nach und zielt nur auf den kurzen Schockeffekt ab.

Wobei dieses Dilemma auch die übrigen Protagonisten des Filmes teilen, zu ungefähr zu wage wird hier jedem einzelnen Umrisse. So dienen die meisten Charaktere im Film nicht der Story Entwicklung, sondern dem Füttern der titelgebenden Kettensäge. Wären sie nicht in der Stadt, wäre der Film derselbe. Die einzige Funktion, die der ein oder andere hat ist das Zurschaustellen von Gegensätzlichkeiten. Hier treffen Rednecks auf Städtler. Wenig subtil, dafür Stereotypisch inszeniert schlussendlich aber auch egal für den Ausgang des Films, denn daraus entspinnt sich kein Konflikt den es zu erwähnen lohnt. Potenzial gäbe es zu Hauf welches aber fast arglos auf der Strecke bleibt. Fast einladend wirkt doch die Prämisse des Films, Städtler wollen im

tiefsten Hinterland ein Hippes Dörfchen bauen, für die Auseinandersetzung mit den Unterschiedlichkeiten der verschiedenen Mentalitäten, die hier aufeinandertreffen.

You had one Job

Einen Trend, der in Hollywood zu beobachten ist greift Garcia hier auch gerne auf. In jedem Sequel scheint es mittlerweile Usus zu sein einen Überlebenden der vorherigen Teile einzubetten zu müssen, der wie hier 40 Jahre lang auf Rache sinnt. Wie schon gesehen in Terminator Dark Fate, Scream 5, oder Halloween Kills. Mehrwert bringt es hier zu keiner Zeit, vielmehr als ein paar lässige Sprüche huscht nicht mit Informationsgehalt über die Lippen der Überlebenden, die hier versucht Leatherface zu Strecke zu bringen. Ein bemerkenswerter Auftritt bleibt es allemal. Als einziger Protagonist ausgestattet mit einer Schusswaffe bringt sie es dann fertig weder Leatherface zur Strecke zu bringen noch zu überleben. Man muss sich das in etwa so vorstellen, kommt ein Mann mit einem Messer zu Schießerei…und überlebt.

Demaskierung der Belanglosigkeit

Natürlich ist es mit der Frage nach Logik in einem Horrorfilm nicht weit her. Wenn das Handeln der Charaktere noch nicht einmal in dem Setting, das es selbst kreiert hat schlüssig wirkt, nennt man das den Suspension of Disbelief der einen immer wieder aus dem Film herausreißt. Schlimmer noch: Das Ärgernis noch verschlimmert. Zuweilen wünscht man sich das ableben etlicher Figuren und ist versucht Leatherface die Daumen zu drücken. Nein Garcia das war nichts. Texas Chainsaw Massacre bleibt ein 83-minütiges Machwerk eines Mannes, der sich Regisseur nennt dabei aber auch nur vergessen hat sein Kostüm abzulegen, denn er ist keiner, genau wie der neue Texas Chainsaw Massacre kein Leatherface Teil, sondern nur ein Film indem einer zufällig mit derselben Waffe Menschen jagt.