Regie Howard J. Ford / UK 2022 / FSK 18 / 86 Min.
Drehbuch Tom Boyle
Mit Brittany Ashworth / Ben Lamb / Louis Boyer / Nathan Welsh
Produktion Evolution Pictures / Head Gear Films
Wenn in der örtlichen Boulderhalle zur später Stunde langsam das Licht erlischt, fängt The Ledge gerade erst an. Oder um The Ledge noch eine weitere Beschreibung zu schenken, all das was vor nahezu 25 Jahren in Jon Woo´s Mission Impossible II am Argyle Place in The Rocks gezeigt wurde an dem Ethan Hunt aka Tom Cruise Free Solo seinem Freizeitvergnügen nachging, sah realistischer, gefährlicher und spannender aus als jede einzelne Szene am Fels in The Ledge. Jeder der sich diese Szene in Erinnerung ruft dem wird schnell klar werden das diese Beobachtung keinesfalls als Lob zu verstehen ist. Für einen Film, der sich auf die Fahnen geschrieben hat im Sub Genre des Bergsteiger Films einige Zuschauer vor die Empfangsgeräte zu locken, bietet er am Ende doch recht wenig begeisternde Bergsteiger Action noch einen Spannungsbogen als Minimalziel den man als Zuseher erwarten dürfte, wenn man den Beipackzettel liest beim Kauf der DVD.
Ein Kletterabenteuer zwischen zwei Freundinnen wird zu einem schrecklichen Albtraum. Nachdem Kelly (Brittany Ashworth) den Mord an ihrer Freundin auf Video aufgenommen hat wird sie wiederum zur neuen Zielscheibe der Gruppe aus Freunden, die das Beweismaterial verschwinden lassen wollen mitsamt Kelly. Diese flüchtet sich in die steilen Wände der Dolomiten verfolgt von ihren Häschern. Was absurd klingt könnte dennoch einigen Spaß mit sich bringen. Zumindest mit einigen Kletteraktion in schwindelerregender Höhe für Thrill sorgen. Dabei ist es gerade in diesem Fall unerlässlich darauf zu achten dem Zuschauer ein Gefühl für Gefahr und Höhe zu vermitteln, insbesondere zu zeigen wo sich unsere Klettergruppe gerade befindet im Bergwerk sowie in welcher Höhe. Folglich das ein oder andere Mal in die Totale zu wechseln um dies zu visualisieren. Stattdessen wird meist wenig gekonnt mit der Kamera nah am Körper der Dame stur draufgehalten sodass jegliches Gefühl für Höhe und Gefahr verloren geht. Weder rechts noch links weder oben noch unten bleibt am Bildrand Platz um mehr zu entdecken. Spannung erzeugt man scheinbar eher wenig, wenn es im gesamten Film kein Platz für Exposition zu geben scheint. So weiß man weder den genauen Standpunkt im Gebirge von der flüchtenden Kelly noch wo genau die Route der Verfolger verläuft. Irgendwann zirka nach einer halben Stunde Laufzeit weiß man es dann schlussendlich doch. Wenn die Handlung vollends zum Erliegen kommt und sich Gejagter und Jäger gegenüberstehen oder zumindest in greifbarer Nähe.
Zum Erliegen kommt die Hatz dank einer Patsituation. Kelly unter einem Felssprung, über ihr die Häscher. Sie kann weder nach unten, da Ausrüstung verloren noch nach oben wo die nach ihr gierenden Freunde lauern. So handelt die restliche Stunde des Films davon wie 3 Jungs versuchen von oben die unten festsitzende Frau aus der Reserve zu locken. Hinzu kommen offensichtliche Logik Problemchen, die sich einreihen in allerlei dümmlichen Versuche in den Besitz der Kamera zu gelangen. Als Gipfel der Logik Fehler sei erwähnt, dass uns Regisseur Howard J. Ford weiß machen möchte das es anscheinend einen dermaßen großen Kälteunterschied zu geben scheint zwischen der Temperatur unter dem Vorsprung und über ihm. Kelly allein im Tank Top begleitet der Kälte trotzt ,während oben in Schlafsäcken und Wollmützen, 3 erwachsene Männer bibbern wie die Weltmeister. Wobei die Darstellung von Wind und Kälte sowieso zu keiner Zeit funktioniert, weil zu keiner Zeit echtes Bergfeeling aufkommt aufgrund der erwähnten Boulderhallen Optik ohne Beleuchtung um die Nacht zu simulieren. Oder wenn Howard J. Ford mit viel Anlauf den Zuschauer immer wieder in seichten Rückblenden daran erinnert das es an jenem Berg eine entscheidende Stelle zu geben scheint der nur mit entsprechendem Skill beizukommen ist nur um am Ende den Sprung als müde Fingerübung abzuwatschen.
Zur auffallend künstlich wirkenden Optik, die an eine umdekorierte Boulderhalle erinnert kommen gerade im ersten Teil des Films weitere unangenehme Dinge hinzu. Du „Hurensohn“ diese „Schlampen“. Bezeichnungen wie diese fallen meist völlig grundlos, wirken völlig übertrieben im Kontext des Dialogs und dem was gerade geschieht. Plötzlich auftretende Schimpftriaden wirken oft erzwungen und in den Mund gelegt um zu zeigen wie kurz die Zündschnur des Rädelsführers wohl zu sein scheint. Nur glaubt man es ihm nicht so recht. Die Wortwahl wirkt zu erzwungen zu behauptet. Genauso zweifelhaft wie auch die weiteren Taten jenes Alpha Männchen die in Mord Kulminieren. Vom unsympathischen Widerling zum eiskalten Mehrfachmörder ist der Übergang dann doch zu fließend. Nicht jeder Frauenfeind mordet fröhlich vor sich hin innerhalb von einer auf die nächste Sekunde.
Für wen ist The Ledge denn überhaupt gemacht? Da draußen gibt es sicherlich Menschen deren Hobby es ist in die Berge zu gehen. Vielleicht sind es auch dieselben Leute, die sich dann wiederum von einem Kletterfilm erhoffen das er einen ähnlichen Nervenkitzel bietet wie man ihn selbst erleben kann beim nachgehen seines Hobbys. Menschen, die sich daran erfreuen möchten wie ihr Hobby eine Filmische Auswertung erfährt. Die Vielleicht sogar selbst in den Dolomiten waren und sich deshalb auf den Film freuen um bereits bekanntes wieder zu entdecken. Dann kommt jedoch der Moment, wenn sie die DVD in die Luke schieben. Was für Menschen ohne Klettererfahrung oder Affinität zum Thema nur schwer erträglich ist muss für Menschen mit Freude am Klettern eine wahre Ohrfeige bedeuten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist es im Falle von The Ledge besser sein Geld in einen Kletterhallen besuch zu investieren statt in den Erwerb der DVD. Abstürzen kann man in beiden Fällen, beim Ansehen der DVD oder beim Klettern in der Halle. Im ersten Fall tut es mit Sicherheit mehr und nachhaltiger weh.